Ist der heutige Schüler überlastet?

 

Es war die Debatte, die tausende Menschen im ganzen Land berührte, und ihr Ausgang sollte das Leben vieler Lehrer verändern. Die Stundenkürzungen des Unterrichtsministeriums, die es den Schuloberhäuptern ermöglichten ihren armen Schülern zwei Wochenstunden zu streichen. Oder, um diesen wohlgewebten Deckmantel abzuwerfen, staatliche Einsparungen durch die Entlassung mehrerer Lehrkräfte vorzunehmen. Aufgebrachte Lehrer schrieen auf, die Schüler freuten sich über ein paar unterrichtsfreie Tage, verursacht durch zahlreiche Streiks ihrer Professoren. Doch diese umstrittene „Entlastung“ der Schüler brachte die Frage auf: Sind Österreichs Schüler tatsächlich überlastet?

 

Der Begriff „Schüler“ trifft auf praktisch jeden Österreicher zwischen sieben und siebzehn Jahren zu. Zu sagen, ein Volksschüler wäre überlastet, ist ein Witz. Deshalb beschränkte ich mich auf Schüler in meinem Alter.

Es kommt bei diesem Thema meiner Meinung nach am meisten auf die Schule an, die der Schüler besucht. Die Stundentafel eines Jahrgangs in verschiedenen Schulen, zum Beispiel dritter Jahrgang HAK gegen den der HTL, zeigt folgendes Bild: Während die Schüler der Bundeshandelsakademie Braunau (nach der Stundenkürzung) nur selige 32 Wochenstunden haben, müssen die Braunauer HTLer in der Woche 39 Stunden absitzen. Das bedeutet für sie neun Stunden auf Samstag und Nachmittage verteilt.

 

Wie diese Schüler damit umgehen, weiß ich nicht. Vielleicht funktioniert es für sie ganz gut oder sie sind einfach nur Genies. Jedenfalls muss ich meinen Aufsatz erneut etwas einschränken, nämlich auf gleichaltrige Schüler der HAK.

 

In der HAK haben einige Schüler bereits mit den 32 Wochenstunden Probleme. Das rührt jedoch daher, dass der Stoff in der HAK teilweise wirklich schwierig zu erlernen ist und die Materie nicht nur ordentliches Lernen sondern auch ein gewisses Quäntchen Verständnis erfordert. Bei der Überlastung geht es bei vielen Schülern vor allem um ein paar wenige Fächer. Vielleicht fehlt ihnen die Zeit für Lernfächer, vielleicht verstehen sie den Stoff gewisser Hauptfächer einfach nicht. Und wer sich dann wirklich viel Zeit nimmt um mit diesen Fächern klarzukommen, der bleibt dann bei den anderen Fächern auf der Strecke – ein Teufelskreis und der Schüler ist klar überlastet. Die vielen täglichen Wiederholungen, zahlreiche Tests und umfangreiche Schularbeiten machen den Schülern das Leben schwer. Vor allem die Wiederholungen: Die meisten Lehrer legen großen Wert auf die Mitarbeit und das Mitlernen von Stunde zu Stunde erscheint ihnen ein sicherer Weg zu guten Noten. Doch damit wird den Schülern meist wirklich sehr viel abverlangt. Anstatt sich nachmittags nach Unterrichtsschluss endlich die wohlverdiente Entspannung zu gönnen muss der ganze Stoff vom Vormittag wiederholt und gebüffelt werden. Voll Unlust wird nicht ausreichend genug oder gar nicht gelernt, doch sobald die nächste Schularbeit ansteht, zeigt diese Unlust ihre Auswirkungen. Es ist wirklich schwierig den Stoff eines (wie es im dritten Jahrgang oft der Fall ist) halben Semesters binnen so kurzer Zeit zu lernen. Wenn das der Grund für die Überlastung der Schüler ist, dann sind sie größtenteils selbst Schuld. Arm sind diejenigen, die unter Lernschwäche leiden und trotz aller Bemühungen trotzdem keine positiven Noten schaffen. Man könnte also sagen: Überlastet sind nur diejenigen, die trotz Lernens nicht das gewünschte Ergebnis erzielen. Nicht überlastet hingegen sind Schüler, die auf den letzten Drücker hin lernen und einzig dadurch durchfallen.

Aber ob die Schüler überlastet sind, hängt von weit mehr ab als nur von den verschiedenen Fächern. Die Lehrer spielen – und das weiß ich aus eigener Erfahrung – eine sehr große Rolle. Ist es nicht eine seelische Belastung, wenn ein Lehrer in die Klasse kommt und den vom ersten „Guten Morgen“ an keiner leiden kann, und umgekehrt das Gleiche? Durch die Unfähigkeit (sprich schlechter Umgang mit den Schülern, Untauglichkeit beim Unterrichten und so weiter) mancher Professoren wird für manche Jugendliche das (Schul-)Leben zur Hölle. Aus dem Willen heraus, den Stoff, der im Unterricht durchgenommen wurde, wirklich zu erlernen und das Gelernte auch zu behalten, nehmen manchmal selbst die besten Schüler Nachhilfestunden. Das kostet wertvolle Zeit und auch Geld und für andere Fächer bleibt relativ wenig Raum. Erst recht problematisch wird es dann, wenn der unfähige Lehrer gegen einen sehr wohl fähigen (und auch strengeren) Lehrer ausgetauscht wird. Die Schüler haben Angst und wenn sie nicht zufällig Nachhilfestunden genommen haben stehen sie vor einer großen Hürde. Anders jedoch bei lockeren Lehrern, die den Schülern wirklich helfen und auch auf die Rücksicht nehmen, die besondere Betreuung brauchen. Oft agieren diese Lehrer fächerübergreifend und handeln auch Probleme mit anderen Professoren aus, bauen ihre Schützlinge psychologisch auf. Fazit: Bei diesen Lehrern steigt die Motivation der Schüler und der Wille zum Lernen ist da, das Leben wird wieder eingerenkt und die Überlastung wird abgebaut.

Jetzt kann man aber nicht alle Probleme der Schüler auf die Lehrer und Fächer schieben. Oft tragen die Schüler selbst einen gewissen Teil der Schuld. Wer sich nur faul und desinteressiert verhält, der sollte nicht auf sein Glück vertrauen. Spätestens bei der Matura und im späteren Berufsleben bemerkt man: Hier und da hätte ich besser aufpassen, mitlernen und mitarbeiten sollen – meist kommt diese glorreiche Erkenntnis zu spät. Lernwillige und ehrgeizige Schüler haben’s da leichter. Diese erkennen meistens, was auf dem Spiel steht (manchmal sind es auch einfach die Eltern, die mit starker Hand mitmischen) und geben sich Mühe. Manchmal mögen sie etwas mehr um die Ohren haben, aber am Ende sind sie es, die sich getrost auf eine Schularbeit vorbereiten können, wenn Andere stundenlang über ihren Unterlagen schwitzen. Von Überlastung kann bei ihnen nicht die Rede sein.

 

Man darf nicht von der Schule sprechen ohne dabei die Freizeitgestaltung des Einzelnen zu erwähnen. Diese ist grundsätzlich ein weiterer wichtiger Faktor bei der Überlastung der heutigen Schüler. Wo Schule und Freizeit Hand in Hand gehen sind die Freifächer. Eigentlich stehen sie jedem Schüler offen (aber wie gesagt, man lasse nicht den Druck der Erziehungsberechtigten außer Acht), doch wer sich zu sehr ins Zeug legt muss auch die Konsequenzen tragen – weniger Zeit für das Lernen.

Natürlich kommen auch außerschulische Aktivitäten hinzu. Da gibt es alle möglichen Vereine und Bünde, die umfassendes und facettenreiches Programm für Nachmittag und Abend anbieten. Sehr verlockend – doch oft unterschätzt man den Zeitaufwand. Fertigmachen, Hin- und Rückfahrt, ausruhen, Turniere, Auftritte, all das wird kaum berücksichtig, wenn man sich entschließt zum Beispiel einem Sportclub beizutreten.

Die Entspannungsphasen am Nachmittag sind auf jeden Fall wichtig. Die innere Ruhe und Balance zu finden gehört einfach dazu, wenn man einen stressigen Tag hinter sich hat – einfach abschalten, lautet die Devise. Zuviel oder zuwenig davon birgt jedoch Probleme. Wer den ganzen Tag lang nur faulenzt, der kommt in diese Spirale, die sich stetig nach unten dreht und zu großen schulischen Problemen und so zur Überlastung führt. Wer hingegen nur lernt und nichts mehr für seine seelische Gesundheit tut, der ist bereits überfordert.

 

Nun zusammenfassend meine eigene Meinung: Ich kann keine klare Antwort geben. Ob Schüler überlastet sind oder nicht hängt meistens von der Art des Unterrichts und der Art des Schülers ab. Im Großen und Ganzen allerdings würde ich sagen: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg – auch wenn der oftmals steinig ist. Und somit lege ich endgültig meinen Standpunkt fest: Der heutige Schüler ist – mit Ausnahme von jenen, die unter Lernschwäche leiden und zudem noch ungünstige Lehrer erwischt haben – nicht überlastet. Der Druck, der auf ihm liegt, ist mit etwas Anstrengung zu schaffen und nach dieser (meiner Meinung nach absolut unnötigen) Stundenkürzung erst recht.

Heute habe ich mich für die Freifächer Spanisch und Volleyball angemeldet. Mit all den anderen Aktivitäten und Kursen, die ich nach der Schule belege bleiben mir so nur alle zwei Wochen zwei freie Nachmittage. Vielleicht werde ich meine Meinung nach diesem Schuljahr ändern.

 

Isabel A. (A - 17 Jahre)

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